Manchmal muss es verdammt schnell gehen! Da erzählen wir Ihnen nichts Neues. Jeder hat es schon einmal erlebt, dass die Konkurrenz schneller war. Oder dass das enge Zeitfenster verpennt wurde, in dem der Service aus einem unzufriedenen Kunden einen dankbaren Kunden machen kann.
Der Punkt ist: Sie können nicht einfach per ordre de mufti die Anweisung erteilen, dass alle von nun an gefälligst schneller reagieren sollen. Das wird nicht funktionieren. Stattdessen muss die Organisation strukturell auf das „Echtzeit-Prinzip“ angepasst werden.
Was es damit auf sich hat, lesen Sie hier…
Haut an Kleinhirn: „Heiß!“
Kleinhirn an Muskeln: „Ruckartig Hand wegziehen!“
Kleinhirn an Großhirn: „He, hast du das mitbekommen?“
Großhirn an Kleinhirn: „Ist ja gut …“
Großhirn an Stimmapparat: „Bitte herzhaft fluchen!“
Reflexe sind eine wunderbare Einrichtung. Bevor Sie überhaupt realisieren können, dass Sie dabei sind, sich zu verbrennen, haben Sie Ihre Hand schon längst von der heißen Herdplatte weggezogen. Manchmal kommt es eben auf Geschwindigkeit an. Und dann haben Sie keine Zeit, erstmal gründlich über Ihre Reaktion nachzudenken.
Wäre es nicht toll, wenn Ihr Unternehmen auch solche Reflexe hätte? Wenn beispielsweise der Vertrieb die Liefertermine für die Angebotserstellung bereits angepasst hätte, noch bevor die Information bei Ihnen in der Chefetage überhaupt angekommen ist, dass ein Zulieferer nicht pünktlich liefern kann?
Entscheiden ohne Chef
Bei vielen Unternehmen wird jede Reaktion aber standardmäßig über das Großhirn geleitet – also über die Führungsspitze. Die ist in ihren Entscheidungen zwar gut, aber der ganze Prozess ist langsam. Oft zu langsam!
Wir finden das unbefriedigend. Unsere Erfahrung ist, dass es bei vielen Reaktionen gar keine Entscheidung von oben braucht: Es ist ohnehin klar, was getan werden muss, aber dafür ist Tempo Trumpf. In solchen Fällen braucht Ihr Unternehmen keinen Entscheider im Zentrum der Organisation, sondern einen gesunden Reflex am Ort des Geschehens. Wir nennen das eine Reaktion in „Echtzeit“.
Dass das nützlich wäre, wird jeder sofort einsehen. Die Frage ist: Wie lassen sich solche Reflexe organisieren?
Notwendig ist dafür erstmal, dass die Unternehmensführung überhaupt dazu bereit ist, Mitarbeiter bestimmte Entscheidungen selbst treffen zu lassen. Die Chefs müssen also aus dem Weg gehen – und das passt nicht jedem. Die zweite Notwendigkeit ist, dass die Mitarbeiter bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Auch das ist keineswegs selbstverständlich. Das ist aber noch nicht alles.
Transparenz als Turbo
Wenn Sie Reflexe in Echtzeit in Ihrem Unternehmen installieren wollen, dann hilft es Ihnen nichts, wenn nur die Chefetage über alle Informationen verfügt – so wie das bei den meisten Unternehmen üblich ist. Stattdessen braucht jeder Mitarbeiter vollen Überblick und Zugriff auf alle kontextrelevanten Informationen.
Denn was würde zum Beispiel passieren, wenn ein Verkäufer einem Kunden im Getümmel des Wettbewerbs reflexartig einen engen Liefertermin zusagt, ohne zu wissen, dass die Auslieferung gerade massive Probleme mit der Spedition hat? Die Entscheidung wäre zwar mit Blick auf den Umsatz eine gute, denn so wird der Auftrag überhaupt erst gewonnen, sie würde aber den betroffenen Mitarbeitern in der Auslieferung den Angstschweiß auf die Stirn treiben und sie würden sich fragen, wie sie diesen Termin ausgerechnet jetzt überhaupt einhalten sollen.
Ohne Überblick, ohne die notwendigen Informationen werden schlechte Entscheidungen getroffen, ob vom Chef oder vom entscheidenden Mitarbeiter. Ein ganzes Team badet das im Zweifelsfall mit Überstunden aus. Und wenn der Termin trotzdem nicht eingehalten werden kann, verlieren Sie Reputation beim Kunden.
Die Echtzeit-Mitarbeiter müssen also nicht nur ihren eigenen Bereich kennen, sondern die gesamte Kette der Auftragsbearbeitung. Das heißt: Alle Mitarbeiter müssen auch wissen, an wen sie Informationen weitergeben müssen. Wenn der Einkäufer weiß, dass der Zulieferer nicht pünktlich liefern kann, muss er diese Information eben nicht nur der Produktion weiterleiten, sondern auch dem Vertrieb.
Vom Entscheider zum Entwickler
Das heißt: Die Fähigkeit zu marktgerechten Reaktionen in Echtzeit können Sie nicht einfach anordnen. Soll die Organisation Reflexe beherrschen, müssen zunächst alle relevanten Prozesse darauf angepasst werden. Das stellt für viele Unternehmen eine Herausforderung dar.
Doch die anzupacken lohnt sich.
Für Sie als Führungskraft gilt: Ihr Job wird sich damit ändern. Zwar machen Sie sich in manchen Bereichen des Daily Business als Entscheider überflüssig, aber damit gewinnen Sie reichlich freie Zeit, die Sie in die strategische und strukturelle Weiterentwicklung Ihres Unternehmens stecken können.
Wenn der Informationsfluss stimmt und Entscheidungen entsprechend leicht von der Hand gehen, übernehmen die meisten Mitarbeiter auch gerne Verantwortung. Sie werden sich ihrer Funktion im Unternehmen bewusster sein und freier agieren können. Das steigert ihre Zufriedenheit und motiviert zu Höchstleistungen, ohne dass es weiterer Anreize bedarf.
Ohren an Großhirn: „Wie klingt das?“